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Was ist Spiritualität?

Ich höre immer wieder den Vorwurf, dass spirituelle Phänomene nicht wissenschaftlich aufgearbeitet werden. Das stimmt nicht so ganz. Die Spiritualitätsforschung ist zwar klein, aber oh-ho. In meinem Studium an der Universität Salzburg hatte ich das Glück, die Vorlesung ‚Psychologie der Spiritualität‘ von Anton Bucher besuchen zu können. Der Schweizer Theologe ist ein renommierter Glücks- und Spiritualitätsforscher. Mit diesem Beitrag starte ich eine Reihe zum Thema ‚Wissenschaft der Spiritualität‘, in der ich Aspekte aus der Vorlesung mit Anton Bucher aufgreife. Ich werde dir die wichtigsten Erkenntnisse der Spiritualitätsforschung zeigen, mit denen du auch hartgesonnene Pragmatiker Rede und Antwort stehen kannst.

Spiritualität versus Religion

Die Zeit ist längst vorbei, in der man noch erklären musste, dass man auch ohne Religion spirituell sein kann. Doch was ist eigentlich der Unterschied zwischen den beiden?

Religion ist institutionalisiert, an einem Dogma oder Weltbild orientiert und beansprucht, die einzig Wahrheit gefunden zu haben. Des Weiteren sind Religionen traditionalistisch veranlagt. Das heißt, dass sie nicht offen für Neuerungen und Änderungen sind. Religionen folgen festgelegten Handlungsweisen und Regeln.

Spiritualität hingegen ist eine individuelle Angelegenheit. Jeder bastelt sich sein Weltbild aus seinen Erfahrungen zusammen und integriert dabei oft Aspekte unterschiedlichster religiöser Traditionen. Dabei bleibt der eigene Blick offen für Änderungen und neuen Erfahrungen. Spiritualität ist nichts Festgeschriebenes, sondern entwicklungsfähig, befreien und innovativ suchend.

Spiritualität Religion
individuell durch Institutionen reguliert
erfahrungsorientiert dogmenorientiert (Weltbild ist vorgegeben)
viele religiöse Traditionen integrierend exklusiver Wahrheitsanspruch
innovativ suchend traditionalistisch
offen festgelegt
befreiend reglementierend

Spirituelle Erfahrung versus Psychose

Die Grenze zwischen einer Psychose und einer Spirituellen Erfahrung lassen sich oft nur schwer ausmachen. Zu fließend können die Übergänge sein. Die Wissenschaft liefert uns daher einige Parameter, an denen wir die wahre Natur einer außergewöhnlichen Erfahrung einordnen können.

So wurden folgende Unterscheidungen von den Forschern Mike Jackson und K. W. M. Folford aufgestellt:

Spirituelle Erfahrung Psychose
kontrollierbar unkontrollierbar
sinnliche Elemente als mentale Konstrukte sinnliche Elemente als physikalische Realität
vor allem visuelle Halluzinationen vor allem auditive Halluzinationen
Inhalte kritisierbar unkorrigierbare Inhalte
integrativ desintegrierend

Spirituelle Erfahrungen können im Gegensatz zur Psychose kontrolliert werden. Dabei ist allerdings einzuwenden, dass einige spirituelle Erlebnisse ohne Intention passieren, jedoch kann man durch die Verbindung zur Wirklichkeit jederzeit „aussteigen“ und in ein alltägliches Bewusstsein zurückkommen. Bei einer Psychose ist das nicht möglich.

Auch gesunde Menschen haben Halluzinationen. Der gravierende Unterschied ist, dass bei einer Psychose vermehrt auditive Halluzinationen, also Geräusche, wahrgenommen werden. Bei einem spirituellen Erlebnis sind es hingegen visuelle Halluzinationen, die auch als solche verstanden werden und jederzeit abgebrochen werden können. Ein Beispiel hierfür ist das Schamanische Reisen.

Sehr wichtig erscheint auch der Punkt „integrativ“ und „desintegrierend“. Damit ist gemeint, dass eine Psychose den Betroffenen meist völlig aus der Bahn wirft. Eine spirituelle Erfahrung hingegen das Leben bereichert.

Was bedeutet Spiritualität?

Wissenschaftlich gesehen, hat man sich noch nicht auf eine Definition von Spiritualität geeinigt. Daher möchte ich meine eigene Auffassung vom spirituellen Leben mit euch teilen:

Spiritualität (latein: spiritus = Geist) ist das Streben und geistige Üben mit dem Ziel, sich mit einer höheren Wirklichkeit (höheres Wesen, Transzendenz, Urquelle) zu verbinden. Lebt man spirituell, strebt man nach einem höheren Sinn und richtet sein Leben dementsprechend aus.

In meinem Leben äußert sich das so:

  • Ich sensibilisiere meine Fähigkeiten, um andere Menschen besser und tiefgründiger zu fühlen.
  • Der Versuch, mich mit allem und jedem verbunden zu fühlen.
  • Achtsamkeit in meinem Alltag (Zähneputzen, Essen, Gehen…)
  • Ich versuche, mit der Welt und mir selbst in Einklang zu kommen und Selbstvertrauen zu entwickeln.
  • Ich versuche, im Jetzt zu leben. Das gelingt mir vor allem mit Pranayama (yogischen Atemtechniken -> Lese hier: Was ist Yoga?).

Ich habe hier ganz bewusst das Wort „versuche“ verwendet, da es mir nicht immer gelingt meinem höchsten Ziel gerecht zu werden. Aber Übung macht bekanntlich die Meisterin 😉

Spiritualität ist eine aufregende Reise mit vielen Reisepartnern, Transportmittel und Zwischenstopps, aber nur mit einem Ziel: Dein Selbst!

Ich wünsche dir eine gute Reise!

Mehr zu diesem Thema findest du in Anton Buchers Buch: Psychologie der Spiritualität

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